Ines Maria Eckermann
- All things communication -

Planen für Chaoten:
Wie kreative Solo-Selbstständige
das Chaos navigieren

Non-atomic habits

Wie du aufhörst, dich in Routinen zu zwängen, die einfach nicht passen.

Sicher bist du ihnen auch schon mal begegnet: Den Ästhetisch ansprechenden Videos, die dir erklären, wie du endlich aufhörst eine routineloser Looser zu sein, der um 5 Uhr morgens noch schläft und einen Protein-Shake nicht als vollwertige Mahlzeit ansieht.

Wenn du dich fragst, wie du etwas Struktur in dein Arbeitsleben bekommst, ohne zwanghaft alles durchzuplanen, sei beruhigt: Du darfst anders und trotzdem erfolgreich sein.

Akzeptiere, wie du bist

Du bist chaotisch? Das ist ok. Du musst nicht um 5 Uhr aufstehen. Du musst auch nicht jeden Tag zur selben Zeit aufstehen. Du musst generell sehr wenig. Wenn du an manchen Tagen so im Flow bist, dass du bis 3 Uhr in der Nacht in die Tasten haust, dann musst du dich nicht dazu quälen, am kommenden Tag schon um 6 Uhr wieder aufzustehen. 

Wenn du nicht zu Routinen neigst, und deine Kunden keine Festen Erreichbarkeiten von dir erwarten, dann gibt es wenig Grund dafür, dich einer Standardroutine zu unterwerfen. Forschende nehmen zwar an, dass es uns und unserem Schlafrhythmus guttut, immer zur selben Zeit aufzustehen. Aber: Statistiken sind keine Naturgesetze. Es heißt nur, dass eine große Zahl von Menschen davon profitiert – und vielleicht funktionierst du einfach anders.

Hinterfrage den Sinn von Routinen

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Dann bin ich wohl kein Mensch. Natürlich neigt unser Gehirn zu bestimmten Denkroutinen (Wenn dich das näher interessiert, schau dir die Forschung von Daniel Kahneman an). Das heißt aber noch lange nicht, dass wir nach den Routinen leben müssen, die uns die Organisations- und Motivations-Gurus auf Social Media erklären wollen. Nicht jeder Mensch mag Routinen. 

In der Regel reduzieren Routinen den mentalen Aufwand, Energie auf das Trennen winziger Entscheidungen zu verschwenden, etwa ob wir uns vor oder nach dem Frühstück die Zähne putzen. Dem gegenüber steht die Idee, dass uns das Ausbrechen aus alltäglichen Routinen und achtsamer und kreativer machen, also ab und zu einen anderen Weg zu Arbeit zu nehmen oder die Suppe mal mit der rechten statt der linken Hand zu löffeln.

Zwing dein Hirn nicht in starre Routinen

Hast du das Gefühl, dass dich Routinen eher stressen als dir Ruhe und Sicherheit zu geben? Hast du schon tausend Mal aufgeschrieben, wie du ab nächster Woche deine Tage strukturieren möchtest und hast es dann schon Montagmittag wieder aufgegeben? Das kann daran liegen, dass das einfach nicht dein Weg ist. Manche Jobs geben es zudem nicht her, dass man in starren Routinen durch den Tag schreitet. Wenn ein Kunde spontan anruft, können schon mal 30 Minuten verschwinden. Wenn unsere Routine keinen soliden Puffer für so etwas vorsieht, drängt sich das Chaos so von außen in unsere Routine.

Schaff dir Puffer und bleib flexibel

Wenn du festgestellt hast, dass weder dein Job noch deine Persönlichkeitsstruktur eine feste Routine hergeben, kannst du endlich den passenden Plan finden. Statt dich an starren Plänen von Angestellten und nicht chaotischen Menschen zu orientieren, kannst du dir nur einen Plan schaffen, der dich und deine Aufgaben atmen lässt. Denn ganz ohne Planung wirst du deine Projekte vermutlich nicht rechtzeitig fertig bekommen. Es geht also nicht darum, Planung generell zu verbannen – sondern so zu planen, dass es zu dir passt. Was mir generell hilft:

  • Ich teile große Projekte in jeden kleinen Teilschritt auf.
  • Die Teilschritte trage ich in den Kalender ein. Dabei geht es nicht um die konkrete Uhrzeit, zu der ich diesen Teilschritt erledigen möchte, sondern darum zu sehen, wie viele Stunden es dauern wird. So sehe ich auf einen Blick, in welcher Woche das Projekt voraussichtlich abgeschlossen sein wird und ab wann ich neue Aufträge angehen kann.
  • Zeit für die Teilschritte immer länger ansetzen, als ich denke. So bleibt ein Puffer, falls es länger dauert oder etwas Unvorhergesehenes an diesen Tag passiert.
  • Puffer, Puffer, Puffer – und nein, das Wochenende ist kein Puffer. Nach zweieinhalb Jahrzehnten als Selbstständige weiß ich, dass alles länger dauert, als ich dachte und dass nahezu täglich etwas Unvorhersehbares passiert. Damit dich das nicht ins Chaos stürzt und enormen Zeitdruck verursacht, schaff dir einen Puffer. Außerdem ist unverlangte Zeit wichtig, um dein Hirn zu lüften, neue Ideen zu haben

Wenn du dich für diese Art der Planung interessierst, lies gerne meinen Artikel zum Calendar-Blocking.

Finde heraus, wie du am besten funktionierst

Lange dachte ich, dass ich auch als Selbstständige einen 9-to-5-Job haben sollte. Da ich aber Vormittags weder gute Ideen noch viel Energie habe, macht das wenig Sinn für mich. Meist prokrastiniere ich den Vormittag dann vor mich hin, schreib E-Mails oder mache Sachen, die einfach nicht dringend sind. Am Nachmittag, wenn mein Hirn sich dann endlich für produktives Arbeiten entscheidet, habe ich dann noch die ganzen dringenden Aufgaben vor mir. 

Das zu erkennen, hat – zugegeben – fast 10 Jahre gedauert. Um endlich weniger Stunden am Tag am Schreibtisch zu sitzen, habe ich für einige Zeit aufgeschrieben, zu welchen Zeiten ist was gut machen kann. Dabei stellte sich heraus, dass es für mich gut ist, viel später am Tag anzufangen und mir ab und zu Schneisen in mein Sozialleben zu bahnen, um auch mal abends oder nachts zu arbeiten. Auch hier: Wenn dir Routinen nicht liegen, zwing dich nicht dazu. Du muss nicht jeden Mittwoch um 8 Uhr am Schreibtisch sitzen. Du kannst auch mal am Montag frei machen und Sonntagnacht an deinem großen Familienroman schreiben. Du bist selbstständig – also gelten deine Regeln.

Verabschiede dich von Habit Tracking

Es tauchen immer wieder neue Zahlen auf, wie viele Tage es braucht, bis sich eine neue Gewohnheit in unserem Alltag festgebissen hat. Aber auch hier ist leider die Zahl eher Clickbait als wirklich eine hilfreiche Information. Denn weder braucht das Etablieren jeder Art von Gewohnheit dieselbe Zeit, noch ist jeder Mensch gleich schnell im Adaptieren eines neuen Verhaltens. Um ihren Fortschritt zu dokumentieren, nutzen manche Menschen einen sogenannten Habit Tracker. Das ist ein Zettel oder eine Seite im Bullet Journal, auf dem du festhältst, ob du heute diese neue Gewohnheit umgesetzt hast oder nicht. 

Ein klassischer Habit Tracker umfasst zum Beispiel: Habe ich heute genug getrunken? Habe ich 30 Minuten Sport gemacht? Habe ich 10 Minuten gelesen? Und so weiter. Für eher chaotisch veranlagte Menschen, die keine Freude an Routine haben, kann sich das aber schnell so anfühlen, als würde sich nun jede alltägliche Kleinigkeit in eine Aufgabe verwandeln, die abgehakt werden muss. Du kannst es ja mal ausprobieren, ob dich der Habit Tracker motiviert, oder eher nichts für dich ist. Denn wie mit den Tagen, die neue Gewohnheiten für den Einzug in unser Leben brauchen, unterscheiden sich auch die Tools, die uns im Alltag helfen, von Person zu Person.

Soziale Kontrolle und echte Hilfe

Alle paar Monate spendiere ich einer lieben Freundin ein Abendessen, locke sie damit in mein Atelier und zur Flipchart oder in den Zoom-Raum, wenn ich unterwegs bin. Der teuflische Plan dahinter: Sie hilft mir bei meiner Planung. Mal planen wir ihre beruflichen nächsten Schritte und mal, was mit meinem kleinen Unternehmen passieren soll. Natürlich könnten wir das auch alleine machen und uns einfach nur zum Abendessen treffen – aber so machen wir das auch wirklich. Soziale Kontrolle kann sehr effektiv sein, vor allem wenn man zu chaotischem Denken und Handeln neigt. 

Wenn du einen festen Termin mit einem anderen Menschen machst, wirst du mit größerer Wahrscheinlichkeit auch wirklich daran arbeiten, was ihr euch vorgenommen habt. Außerdem ist ein zweites Gehirn in vielen Fällen Gold wert: Die andere Person kann die Schwachstellen in deinem Plan besser erkennen als du. Denn auch wenn unser Unternehmen nur aus einer Person besteht, können wir betriebsblind werden.

Schaff dir Motivation

Du hast einen großen Auftrag, der schnell fertig werden muss? Kein Problem, das schaffst du. Damit du motiviert bleibst und nicht einfach nur schneller Richtung Burn-out arbeitest, kannst du in der Planung direkt die Belohnung einplanen. Du arbeitest Dienstag lange, um deiner Kundin die Druckdateien über Nacht zu liefern? Kein Problem. Dann darfst du Mittwochnachmittag auch mal frei machen und ins Museum oder Schwimmbad gehen oder auf dem Sofa sitzen und in die Luft starren – was immer dich glücklich macht, entspannt und vor allem motiviert.

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